Chinesische Vasen, 500 Kilo pro Stück, bewachen den Eingang, von der Decke baumeln noch rote Lampions vom Neujahrsfest, an den Wänden hängen Schanghaier Straßenszenen. „Es ist wichtig, dass sich die Gäste sofort wohlfühlen“, erklärt Qing Wang. „Alles muss sehr hochwertig sein.“

So wirbt er im Netz auch mit „deutschen Markenbüromöbeln“. Der 41-Jährige führt stolz durch die Räumlichkeiten des Deutsch-Chinesischen Business-Centers, das er hier 2018 im Duisburger Norden, nicht weit entfernt von Europas größtem Binnenhafen, gegründet hat.

Ziemlich genau vier Jahre, nachdem Chinas Präsident Xi Jinping im März 2014 die Ruhrstadt besuchte – und sie offiziell zum Endpunkt seiner Neuen Seidenstraße erklärte. Dabei ist Duisburg eher ein Knotenpunkt, von dem aus Pekings Waren weiter nach Rotterdam oder Hamburg gehen sollen.

Dennoch: Seit Xis Auftritt hat das Interesse aus China stark zugenommen. Fast jede Woche sind Delegationen bei Herrn Wang zu Besuch, die sich den Hafen anschauen und Kontakte in die deutsche Wirtschaft knüpfen wollen. Und Vereine und Firmen haben sich auch dauerhaft eingemietet. Für 2000 Euro im Jahr bekommen sie einen Schreibtisch samt Adresse für die deutsche Niederlassung. So sitzt hier etwa die Provinz Jilin, die Handelskammer von Xiamen oder der deutsche Unternehmerverein aus Fujian. Wang, der seit 30 Jahren in Deutschland lebt, hat das ehemalige Möbellager umgebaut. Im Obergeschoss sind Büros sowie Konferenzräume und sogar ein „Vertragstisch“, flankiert von deutschen, chinesischen und EU-Flaggen – falls chinesische und deutsche Unternehmen öffentlichkeitswirksam ihre Kooperation besiegeln wollen. Im Untergeschoss betreibt Wang das Büfett-Restaurant „Königtum“ mit japanischer, chinesischer, koreanischer Kost und 450 Sitzplätzen.

Wie das Ruhrgebiet von der Seidenstraße 2.0 profitieren will

Längst ist die Seidenstraße auch ein Wirtschaftsfaktor für Duisburg geworden. Pro Woche verkehren 35 bis 40 Güterzüge zwischen dem Ruhrgebietshafen und mehreren Städten der Volksrepublik. 2017 und 2018 fuhr der Hafenbetreiber Duisport Rekorde beim Containerumschlag ein.

Auch im Rathaus sieht man die Verbindung nach China als große Chance. Kurz nach Xis Besuch installierte die Stadt eigens einen China-Beauftragten: Johannes Pflug saß 15 Jahre für die SPD im Bundestag, war stellvertretender Sprecher für Außenpolitik und ist heute Ehrenamtler. Dabei ist der Posten eher ein Fulltime-Job für den 72-Jährigen. Er nutzt alte Kontakte, spricht mit Unternehmen, zieht Investoren an Land, plant Netzwerktreffen. Und er hört sich die Probleme der Firmen an: die viel zu langsame Visa-Freigabe, die umständlichen Genehmigungsverfahren.

„Ich hoffe, dass wir die Erfolge aus dem Hafen auch in die Stadt übertragen können“, sagt Pflug, der China schon 65-mal bereiste. Nach Duisburg kommen aber nicht nur Container und Delegationen. Gut 2 500 Chinesen lebten bereits heute in der Stadt, darunter viele Studenten, rechnet Pflug vor. Mehr als 100 chinesische Unternehmen gebe es in der Stadt, Restaurants nicht mit eingerechnet.

Am Innenhafen entsteht derzeit ein Hotel für die chinesische Plateno-Gruppe, an einem Duisburger Gymnasium wird Chinesisch als zweite Fremdsprache unterrichtet, einmal im Jahr fliegt der Oberbürgermeister mit einer Delegation ins Reich der Mitte.

Doch Pflugs Pläne reichen weiter: Er träumt von einem kleinen Chinatown im Zentrum und von einem chinesischen Handelszentrum, das dort bald errichtet werden könnte. Obendrein soll Huawei Duisburg zur Smartcity formen. Ausgerechnet der Konzern, der weltweit in den Schlagzeilen steht? „Huawei ist bislang immer ein guter Partner gewesen“, betont Pflug. Ihm sei es wichtig, dass „wir uns nie in Abhängigkeiten begeben“.

Der Hafen etwa gehöre nicht den Chinesen, sondern der Stadt und dem Land NRW. „An der Infrastruktur sollten wir immer die Mehrheit halten.“ Und natürlich weise er, da bleibt er ganz Außenpolitiker, bei jeder Delegationsreise auf die Menschenrechtssituation hin, mahne ein freies Internet und die fehlende Pressefreiheit an.

Christian Wermke (Handelsblatt)

 

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